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WALTER TRÄUMT MIT OFFENEN AUGEN. Wie Rückschläge seinen Traum vom Sieg befeuert haben. Mit Walter Röhrl über seine Erfolge zu sprechen ist leicht – und zugegebenermaßen auch ein wenig langweilig. Der Mann hat einfach zu viel gewonnen, und das zu Recht. An dieser Stelle wollen wir uns deshalb heute mal einem heiklen Thema widmen, das aus oben genanntem Grund nur sehr selten angesprochen wird: Wie geht Walter Röhrl eigentlich mit einer Niederlage um?Waren Rückschläge in seiner Karriere der Treibstoff für neue Erfolge? Schürt Scheitern dieses Feuer, das ein Träumer braucht, der von Erfolg zu Erfolg rast? Im Gespräch mit der Porsche Times offenbart der Meister Überraschendes – zum Beispiel, dass er nach einer Niederlage „schon mal 14 Tage geschwiegen hat und nachts vor lauter Gram nicht schlafen konnte“. Herr Röhrl, sind Sie ein guter Verlierer? Nein, aber ich bin auch kein guter Gewinner. Denn wenn ich gewinne, habe ich 5 Minuten Freude, wenn ich verliere, bin ich 14 Tage krank. Jede Niederlage hat mich unheimlich getroffen, war aber auch zusätzliche Motivation, es das nächste Mal besser zu machen. Ich habe nie aufgegeben, sondern das Verlieren hat mich eher noch ehrgeiziger gemacht: Das nächste Mal muss es klappen! Über Ihre Gegner haben Sie sich nicht geärgert? Ach was, über die habe ich mich nie geärgert, wenn sie mich geschlagen haben. Wenn ich Tennis spiele, da kann ich vielleicht sauer sein, weil der Gegner so link spielt, aber beim Autofahren – da ist der andere schneller gefahren als ich. Da kann ich nur sagen: Du selbst bist der Schuldige, wärst du besser gefahren, dann hättest du gewonnen. Und wenn das Material versagt hat? Dann war ich auch enttäuscht, aber das hab ich viel leichter weggesteckt. Es gab natürlich auch Fehler, die man auf menschliches Versagen zurück- führen konnte, nicht nur auf die Technik. Wenn etwa bei 140 km/h auf einer Schotterstraße das Lenkrad leer durchdreht und du dann erfährst, dass der Mechaniker vergessen hat, den Sicherungssplint hineinzustecken. Da sagst du schon: Mein Freund, das sollte nicht mehr passieren. Greifen wir ein Rennen heraus: 1973, bei Ihrer ersten Rallye Monte Carlo, mussten Sie kurz vor dem Ziel mit Fahrzeugschaden aufgeben. Hat eine Niederlage wie diese spätere Erfolge erst möglich gemacht? Mag sein. Damals war das Hauptproblem bei dem Auto, dass die Bremsen bergab sehr schnell am Ende waren und ich mir mit irgendwelchen Tricks helfen musste, um das Auto abzubremsen. Meistens war das die Schnee- mauer oder auch ein brutales Rückschalten mit der Kupplung in einen klei- neren Gang. Letztendlich ist durch diese Belastung die Halbachse abgedreht, und zwar genau 10 Kilometer vor dem Ziel – nach 6.000 Kilo- metern! Da bist du natürlich schon geknickt, aber auf der anderen Seite war das meine erste Monte Carlo. Ich hatte bis dahin sehr gut gelegen und hab mir gesagt: Nächstes Jahr, da zeig ich ihnen, wo es langgeht! Welche Niederlage war die schlimmste Ihrer Karriere? Das war 1981, als ich eigentlich einen Mercedes-Vertrag hatte, die aber plötzlich ihre Aktivität eingestellt hatten. Da hat Porsche mir erlaubt, für sie zu fahren, mit dem Argument: „Herr Röhrl, jetzt können wir uns Sie leisten. Das Geld bekommen Sie von Mercedes, das Auto bekommen Sie von uns!“ So kam ich zu Porsche. Und da bin ich während des Jahres viele Rennen gefahren. Am Jahresende durfte ich mit dem 911 einen Rallye-WM-Lauf fahren. Mit diesem Rennen wollte ich Porsche überzeugen, dass sie in Zukunft Rallye fahren. Ich bin super vorneweg gefahren, aber auf der letzten Schotterprüfung ist mir wieder die Halbachse abgedreht … Ich hab gedacht, alles ist gegen mich, das hat mich dann auch letztlich bewogen, wieder von Porsche wegzugehen. Mir tut das heute noch weh. Die Niederlagen wirken also länger nach als die Erfolge? Auf jeden Fall. Nie im Leben würde ich im Bett liegen und denken: „Du hast Monte Carlo gewonnen.“ Aber es gibt Situationen, in denen ich denke: „Mist! Ich habe dieses oder jenes Rennen wegen einem Blödsinn nicht gewonnen … mein Leben wäre vielleicht ganz anders verlaufen.“ (Lacht.) Sprechen wir über Träume, die sich erfüllt haben: Was war Ihr größter Traum? Als Jugendlicher träumte ich davon, Skifahrer zu werden. Aber mein wirklich großer Traum war, einmal die Rallye Monte Carlo zu gewinnen. Von diesem Sieg habe ich als aktiver Fahrer 10 Jahre lang geträumt, bis ich 1980 endlich gewonnen habe. Ich war darauf so fokussiert, dass ich gesagt habe: „Wenn ich das geschafft habe, hör ich auf.“ Aber ich hab mich dann doch überreden lassen, weiterzufahren. Was ist wichtiger beim Siegen: physisches Können oder die mentale Stärke? Fahren können alle gut, das Entscheidende spielt sich im Kopf ab. Du brauchst die Bereitschaft, jede Sekunde voll konzentriert zu sein. Beim Training in Monte Carlo saß ich von der Früh bis abends im Auto und habe versucht, mir jede Kurve zu merken. Nach dem Essen bin ich um 22.00 Uhr ins Bett gegangen – und die anderen sind in die Disco. Ich hatte nur ein Ziel: perfekt sein. Von Monte Carlo abgesehen, wovon haben Sie noch geträumt? Schon als Kind war mein Traum, einmal einen Porsche zu fahren. Das hatte ich von meinem 11 Jahre älteren Bruder, der mir gesagt hat: „Spar so lang, bis du dir ein richtiges Auto kaufen kannst. Und ein richtiges Auto, das ist ein Porsche.“ Mit 22 hatte ich endlich meinen ersten gebrauchten Porsche. Aber auch dass ich nach dem Ende meiner Karriere noch als Chef-Test- fahrer und Repräsentant bei Porsche arbeiten darf, das ist das Tüpfelchen auf dem i. Die Marke hat mich immer fasziniert, etwa wenn mein Bruder mich zu Rennen mitgenommen hat. Da sind 30 Porsche 356 gegeneinander gefahren. Alles andere waren normale Autos, Sportwagen waren einfach Porsche. Welches ist denn Ihr absoluter Traum Porsche? Ganz klar der Carrera GT. Vielleicht auch deshalb, weil ich an seiner Entwicklung beteiligt war. Das Fahrwerk, die Technik, die Leistung … neben dem 911 ist der Carrera GT für mich der Inbegriff eines Sportwagens. Walter Röhrl bewegt: Zum kompletten Film-Interview kommen Sie direkt über den QR-Code. TRÄUMER 13
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